Nennt mich von mir aus paranoid — auch ich selbst hasse es, bei politischen Prognosen Recht zu haben. Aber das Verhalten von Kretschmer deute ich so, dass er die sächsische CDU für die nächste Wahl schon mal prophylaktisch als Juniorpartner der AfD positioniert. Die CDU wird dann “notgedrungen, aus landespolitischer Verantwortung” in diese Koalition eintreten, “um Schlimmeres zu verhindern”. Denn Kretschmer mag ebenso ineffizient sein wie seine drei Amtsvorgänger, wenn es darum geht, auch nur das Geringste gegen die gewachsenen rechtsradikalen Strukturen in seinem Bundesland zu tun — aber dumm ist er nicht. Er weiß, dass die AfD in den neuen Bundesländern, und davon insbesondere in seinem, mittlerweile stärkste Kraft ist und dort vermutlich auch die Landtagswahl gewinnen wird (was natürlich nicht zuletzt durch sein inkompetentes Herumgehampel verursacht wird). Vermutlich wird die CDU der AfD in 3-4 Punkten “Abmilderungen” im insgesamt absolut widerwärtigen (und, wie sich nach dem üblichen viel zu langsamen Mahlen der juristischen Mühlen der juristischen Mühlen herausstellen wird, auch in wesentlichen Teilen verfassungswidrigen) Koalitionsvertrag abtrotzen.
Noch davor befürchte ich Schwarzblau in Bayern. Die CSU gibt sich exorbitant viel Mühe, alle anderen infrage kommenden Koalitionspartner zu verprellen, dass sie ebenfalls “notgedrungen” mit der AfD wird koalieren “müssen”.
Im Moment bin ich noch für Hierbleiben und Kämpfen (zumal die Liste möglicher Auswanderungsziele angesichts des beinahe globalen Rechtsrucks immer kürzer wird), aber man wird sehen müssen. Jedenfalls müssen die Parteien links von der Union und die nicht rechtsrandigen Teile der CDU endlich ausdrücklich Farbe gegen die unsäglichen rechtsradikalen Umtriebe in dieser Republik bekennen, wenn Demokratie und Zivilisation gerettet werden sollen. Ich befürchte allerdings, dass das nicht geschehen wird, weil Wirtschaftsverbände schon seit Jahren immer deutlicher sagen, dass Demokratie beim effizienten Ausbeuten störe.